Die Geschichte des ehemaligen Ortes Denn, dem heutigen Ortsteil Ahrbrück von 762 bis 1950
Der Ort Denn hat eine sehr alte traditionsreiche Vergangenheit, die eng mit der Geschichte Kesselings verbunden ist.
Die Schreibweise des Ortsnamens Denn, wie „DENE“, „DEHM“ oder „DENNE“ ist in alten Urkunden und Weistümer unterschiedlich.
Der Ortsname „DENN“ wird von G. Mürkens in dem Buch, „Die Ortnamen des Kreises Ahrweiler“, von der Tanne (Danne, Denne) abgeleitet. Dieses ist jedoch unwahrscheinlich, da die Tanne, bzw. Fichte, im Volksmund auch Preußenbaum genannt, in der Eifel nur wenig bekannt war. Diese wurde erst durch die Preußen im 19 Jahrhundert in der Eifel in großem Umfang angepflanzt.
So ist die Auslegung von Karl Lamprecht, der den Ortsnamen „DEM“ vom lat. „decem“ (= Zehnten) ableitet, wohl zutreffender.
Um das Jahr 700, als Pippin der Jüngere, der Vater von Karl dem Großen, König des Frankenreichs war, lebten im Ahrgau fränkische Bauern, die teilweise frei waren und das Boden-, Wehr- und Dingrecht besaßen. Es gab auch Herrenland (Salland) und Königshöfe. Diese Sal- und Königshöfe waren Fronhöfe, die von einem Meier (Vieliens) für den Landesherrn geleitet wurden. Auf diesen Höfen mußten unfreie Bauern für den Landesherrn vorgeschriebene Frondienste verrichten. Zusätzlich gab es noch Lehnsbauern, die mit einer „Diensthufe“ von ca. 30 bis 60 Morgen dem Landesherrn lehnspflichtig waren.
Außerhalb des Dorfes wohnten die Hagestolze (haistaldi = am Walde Wohnende), die kein erbliches Lehen besaßen und nur ihre Wohnung mit Stall und Scheune hatten. Sie durften an der Gemeinschaft von Wald, Weide und Wasser teilhaben. Ihr Zehnt betrug insgesamt 10 Malter Hafer. Außerdem gehörten zum gesamten Königsgut des Ahrgaues riesige Waldflächen, die von der königlichen Pfalz in Sinzig verwaltet wurden.Am 10. Juli 762 war König Pippin in Sinzig und schenkte lt. einer erhaltenen Urkunde das Kloster Kesseling „cella Casleoca“ dem Kloster Prüm.
Den „DEMWALD“, einen Teil des königlichen Waldes „Mellere“, der von den Bächen Casell, Halebracha, Dem und Casleoaca eingegrenzt wurde, fügte er dieser Schenkung hinzu, die dadurch erheblich wertvoller wurde.
In der Schenkungsurkunde im Jahre 762, wird der Name „DEM“ erstmals als Bach- und Waldname genannt, wobei der Name sicher von einem damals schon bestehenden und allgemein bekanntem Flurnamen abgeleitet wurde. Hierfür spricht auch die Tatsache, daß der geschenkte Wald den Namen „DEMWALD“ erhielt, obwohl der „Dennbach“ im Außenbezirk der Schenkung von Kloster und Wald lag.
Die Namen der Bäche, die diesen Wald eingrenzten, finden wir bis heute in den Ortsnamen Cassel, Halbachhof, Denn und Kesseling.
Wenn auch der Bach, „rivilus qui vocatur Dem“ in der Urkunde als Grenze des Waldgebietes genannt wird, war die eigentliche Grenze sicher der Höhenzug des Gebirges (Wasserscheide), da das Denntal vermutlich noch Sumpfgebiet war. Hierfür sprechen auch die alten Flurnamen des Ortes Denn wie Fröschepfuhl, Kennhecken und Keschkaul, die auf sumpfiges Gebiet schließen lassen.
Dem Kloster Prüm wurden im „DEMWALD“ sämtliche Nutzungsrechte wie Jagd, Fischerei, Schweinemast, Viehweide, Holzhieb, Viehstreu und besonders das Siedlungsrecht gewährt.
Bis in das 19. Jahrhundert war die Hauptnutzung dieses Waldes die Eichelmast der Schweine, die in den Wäldern gehütet wurden. Dieses geht auch aus der alten Urkunde aus dem Jahr 1594 hervor, in der sich die Kesselinger und Waydenbacher Bürger über die Viehtrift der Denner in ihrem Wald beschwerten. Für die Nutzung des Waldes mußten die hörigen Bauern dem Grundherrn den „DEM“ (Zehnt) als Entgeld zahlen.
Lt. der Dorfchronik von Kesseling war der Demwald damals ein urwaldartiger Wald, in dem die Mönche des Klosters Prüm Bodenkultur betrieben. Die Rodungsarbeiten wurden lt. mündlicher Überlieferung von den Herren von Prüm persönlich geleitet.
So entstanden durch Rodung und Trockenlegung weitere Höfe und Siedlungen.
Den gerodeten Wald nannte man Beundeland (Beunde = eingezäunter Besitz), das von neuen Siedlern bearbeitet wurde oder dem bestehenden Fronhöfen zugeteilt wurde. Es blieb aber immer im Besitz des Grundherrn. Das Kloster Prüm besaß davon in Kesseling 42 Morgen und in Pützfeld 20 Morgen.
Das Prümer Urbar, Güterverzeichnis des Klosters Prüm aus dem Jahre 893, zeigt uns ein genaues Bild der Besitzverhältnisse des Klosters Prüm im Ahrgau.
Da der Ort Denn in diesem Verzeichnis nicht genannt wird, gab es vermutlich zu dieser Zeit hier nur den Herrenhof des Klosters, in dem der Meier wohnte, der den „Dem“ einzog.
Oftmals übertrugen die freien Bauern durch einen Precarievertrag ihren Hof dem Kloster Prüm.
Das bedeutete, daß sie den Hof als erblichen Lehnshof weiter bewirtschaften durften. Sie wurden dadurch wieder hörige Bauern, genossen aber den Schutz des Klosters und wurden vom Ding und Wehrrecht befreit. Zudem stockte das Kloster in der Regel den Besitz auf, so daß die Bauern ihre Familien besser ernähren konnten. Diese Höfe nannte man Diensthufen, die durch die Aufstockung ca. 40 Morgen groß waren.
Um das Jahr 800 besaß Prüm in Kesseling 21 und in Pützfeld 10 Diensthufe.
Am 19. Mai 992 vergab Kaiser Otto III an die Gebrüder Siegebodeo und Richwin, den Vorfahren der Grafen von Are, den Wildbann über den Königsforst „MELLERE“.
Wildbannrechte umfaßten unter anderem die gesamte wirtschaftliche Nutzung, vor allem aber auch das Siedlungsrecht. So war durch die Schenkung Pippins im Jahre 762 und die Vergabe des Wildbannrechts durch Otto III die Grundherrnrechte des ehemaligen Königsforst „MELLERE“ aufgeteilt.
Das Territorium des späteren Ortes Denn teilten sich also die Grafen von Are und das Kloster Prüm als Grundherrn.
Der freie fränkische Bauer konnte der allgemeinen wirtschaftlichen und politischen Entwicklung nicht standhalten, so daß er in der Regel höchstens noch einen Lehnshof, bzw. Diensthufe besaß. Durch Kauf und Tausch der Grafen von Are und durch die schlechte Verwaltung der Äbte aus Prüm schrumpfte der Besitz des Klosters im Ahrgau ständig.
Von den ehemaligen 21 Diensthufen in Kesseling waren im Jahre 1222 nur noch 16 im Besitz des Klosters.
Am Anfang des 12. Jahrhunderts besaßen die Grafen von Are bis auf den Rest von Kesseling und Ahrweiler alle ehemaligen prümschen Klostergüter.
Wägt man alle diese historischen Details sorgfältig ab, so ergibt sich von der Entstehung des Ortes Denn ungefähr folgendes Bild:
Teile des Ortes Denn, wie Mertesnück, Hirschbachtal, das Denntal und das Denner Rott gehörten aufgrund ihrer Lage zu der Pippinschen Schenkung im Jahre 762 und damit dem Kloster Prüm.
Hier siedelte der Demverwalter (=Zehntverwalter) auf dem Klosterhof, der durch Beundewald ständig erweitert wurde.
Die sogenannten Hagestolze verwalteten das durch Rodungen gewonnen Beundeland, und es entstanden neue Höfe.
In dem Gebiet in Richtung Brück und Pützfeld am Kesselingerbach, Denner Auel, Katzberg, Keschkaul, Mühlberg usw. waren die Grafen von Are durch den Wildbann Grundherr.
Durch ihre besitzergreifende Politik erwarben die Grafen von Are immer mehr prümschen Grundsitz. So entstand an Stelle des späteren Ortes Denn langsam eine Dorfgemeinschaft der Grafen von Are, die unter Anlehnung an den Bach und Waldnamen den Ortsnamen Dem erhielt.
Bedingt durch Schwierigkeiten in der Erbfolge der Grafen von Are erwarb der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden im Jahre 1246 alle Lehen und Besitztümer der Grafen von Are Hochstaden für eine Rente von 600 Mark und der Zusicherung des Ehegifts für seine Base, der Tochter seines Bruders Friedrich von Hochstaden. Wegen dieses Ehegifts kam es zu Streitigkeiten zwischen dem Erzbischof und Walraf von Jülich, dem Ehemann der Base.
Im Jahre 1265 erzielten beide Parteien einen Vergleich, in dem die Orte Denn und Brück erstmalig als „villiam Brügge et Den“ urkundlich erwähnt wurden.
Da der Ort Denn nur sehr klein und verhältnismäßig unbedeutend war, fand er wohl keine Erwähnung in früheren Urkunden und Schriften. Somit kann diese erste Erwähnung nur wenig Aufschluß über das wahre Alter dieser Siedlung geben.
Auch die Jahreszahl 1187, die auf dem Grenzstein des Ortes eingemeißelt war, hilft hier wenig weiter, da über die Bedeutung dieses Jahres für die Ortschaft Denn in den bisher bekannten Urkunden nichts erwähnt wird.
Als im Jahre 1246 der Kölner Erzbischof Landesherr in den ehemaligen Gebieten der Grafen von Are wurde, wurde er auch Landesherr der Vogtei Kesseling, wobei der Abt von Prüm der Grundherr blieb.
Der Erzbischof von Köln, vertreten durch seinen Vogt, hatte die höhere Gerichtbarkeit, während der Abt von Prüm, vertreten durch seinen Schultheiß, die niedrige Gerichtsbarkeit ausübte.
Folglich war der Erzbischof von Köln auch Landes- und Grundherr des Ortes Denn. Dieses schien den Einwohnern jedoch nicht bewußt zu sein, sonst hätten sie am 20 April 1602 nicht dem falschen Herrn Hans Friedrich von der Leyen, Vogt von Kesseling, gehuldigt.
Ein Weistum vom 12. Mai 1605 berichtet, daß alle Bewohner Denns in Altenahr unter der Linde erscheinen mußten und reuevoll die geleistete Huldigung wiederrufen. Sie baten um Erlaß der Strafe wegen des „Mißverstandes“ und baten wieder in Gnaden in den Kreis der Kurkölnischen Untertanen aufgenommen zu werden.
Ob diese falsche Huldigung im Jahre 1602 nun wirklich ein Mißverständnis war, oder ob sie sich als Untertanen der Herren von Prüm aus Kesseling fühlten, bleibt ungeklärt.
Der Feudalismus (Lehnswesen), die Vorherrschaft des meist adligen Grundbesitzes, hielt sich bis zum Jahre 1794.
Dann wurde die linke Rheinseite vom französischen Heer eingenommen und politisch verwaltet. Im Frieden von Lunèville im Jahre 1801 wurde das linke Rheinufer völkerrechtlich an Frankreich abgetreten. Somit waren die Bewohner von Denn freie französische Bürger und Herrr des Grund und Bodens.
Die Franzosen erfaßten jeden Besitz in Grundbüchern und erhoben hohe Grundsteuern, die höher waren als der ehemalige „Zehnt“. Der Wehrdienst betrug 12 Jahre und die allgemeinen Frondienste blieben bestehen.
So sehnte man sich bald nach der guten alten Zeit zurück. Es machte sich der Spruch breit: „Unterm Krummstab (=Bischofsstab) war gut leben“.
1815 begann die Preußische Zeit. Die Steuern wurden gesenkt und Frondienste abgeschafft.